Zu gute Kundenbewertungen? Geht das überhaupt?
Die Vorreiter der Bewertungswelle, Amazon und eBay in den 90ern, haben es vorgemacht. Seitdem kommt kein Online-Shop ohne Kundenbewertungen aus. Die Anbieter buhlen um die Gunst der Kunden und hoffen, dass diese mit möglichst guten und aussagekräftigen Bewertungen ihren Teil zum Erfolg beitragen. „Social Proof“ ist eben eines der wichtigsten Kaufentscheidungskriterien im Onlinehandel. Doch manchmal gibt es „zu viel des Guten“, bemerken immer mehr Verkäufer. Wieso genau ist das so?
Gereifte Kunden – eine Folge der Manipulation
Gerade in der Anfangszeit des Internets (z.B. bei Amazon und eBay) waren Bewertungen ein neues Kaufkriterium. Zwar gab es schon immer Mund-zu-Mund-Propaganda und Empfehlungen von Freunden und Bekannten, aber erst die digitale Bewertung hat das Einholen von Meinungen Dritter so richtig vereinfacht.
Kein Wunder, dass alsbald einschlägige Zeitgenossen die Chance erkannt und die Lücken im System ausgenutzt haben. So geht man davon aus, dass heutzutage mehr als die Hälfte aller Online-Bewertungen in irgendeiner Form incentiviert (= gegen Entlohnung) oder gar schlicht gefälscht sind.
Dies haben auch die Kunden über die letzten Jahre (meist leidvoll) erkannt und werden insbesondere bei zu vielen guten Bewertungen skeptisch. Die Folge: Selbst eine ehrliche 5/5-Sterne-Bewertung wird von immer mehr Seitenbesuchern als Manipulation eingeschätzt. Das führt zum Paradoxon, dass beispielsweise zehn 4-Sterne-Bewertungen zu mehr Vertrauen seitens der Seitenbesucher führen als zehn 5-Sterne-Rezensionen.
Schlechte Bewertungen – die Furcht ist unbegründet
Zu jedem Produkt und jeder Dienstleistung wird es auch Jemanden geben, der damit unzufrieden ist. Es ist also nur natürlich, wenn – hypothetisch gesprochen – beim besten Produkt der Welt immer ein gewisser Prozentsatz eine schlechte Bewertung hinterlässt. Dies wird von den Seitenbesuchern als natürlich und authentisch wahrgenommen, wohingegen nur positive Rezensionen Skepsis auslösen.
Es klingt dann einfach „zu schön um wahr zu sein.“ Inzwischen sind die meisten Internetnutzer auch mit der Onlinewelt erfahren genug, um schlechte Bewertungen richtig einordnen zu können. Oft sind dies „nur“ frustrierte Meinungsäußerungen, die mit dem Produkt oder der Dienstleistung selbst wenig zu tun haben oder wenig konstruktiv sind. Teils handelt es sich dabei auch um gekaufte, schlechte Bewertungen von Mitbewerbern. Der Effekt: Das Produkt oder die Dienstleistung erscheint beim Kunden als legitim und vertrauenswürdig.
Besonders wichtig sind ausgewogene Kundenbewertungen in Branchen, die Produkte verkaufen, bei denen es um den Geschmack von Käufern geht. Das gilt für Kunst, Mode oder Genussmittel wie E-Zigaretten (weitere Informationen: hier). Denn oft suchen Kunden in diesen Branchen nicht nach einem einzelnen Produkt, sondern wollen sich ein wenig durch die Produkte „treiben“ lassen. Dann sind es vor allem Kundenbewertungen, anhand denen sich Interessenten über das Produkt informieren, das sie nicht in die Hand nehmen oder probieren können.
Kundenbewertungen und Feedback – die große Chance
Der moderne Internetnutzer lässt bei seinen Kaufentscheidungen immer mehr einfließen, WIE das betreffende Unternehmen auf eine (meist schlechte) Bewertung reagiert. So kann beispielsweise eine 2- oder 3-Sterne-Bewertung in der Summe positiv sein, wenn auf die Beschwerde eingegangen wird. Zudem haben Unternehmen, mit der auf vielen Seiten beliebten Kommentarfunktion zu einer Bewertung, die Möglichkeit, eventuelle Unklarheiten oder gar Falschinformationen aufzuklären. Dies wird als Kompetenz wahrgenommen und stärkt das Vertrauen der Seitennutzer. Sie sehen, dass das Unternehmen seine Kunden ernst nimmt und nicht ignoriert.
Fazit
Der moderne Kunde und Internetnutzer betrachtet zu viele „gute“ Bewertungen mit Argwohn, da aus der Erfahrung der letzten zwei Jahrzehnte ersichtlich wurde, dass dies oft ein Zeichen für Manipulation darstellt. Ein guter Bewertungsmix ist für den Erfolg im Onlinehandel deshalb entscheidend. Dabei achten die Nutzer zunehmend immer mehr auf „weiche Faktoren“ (Feedback der Unternehmen zu den Bewertungen, Inhalt der Bewertungen, realistische Anzahl an Rezensionen etc.). Dies ermöglicht seriösen Anbietern, sich in Zukunft besser gegen manipulierende Konkurrenten durchsetzen und positionieren zu können.
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