Gütesiegel unter der Lupe

Neben Kundenbewertungen setzen Online Shops oder Dienstleister auch auf Gütesiegel. Anbieter wie Proven Expert, Trusted Shops und viele mehr bieten E-Commerce Akteuren an, die Seite zu testen und vergeben anschließend ein Gütesiegel, wenn die Seite den Anforderungen der Tester gerecht geworden ist.

Doch das System hat seine Tücken: Denn umsonst testen Dienstleister wie Trusted Shops oder TÜV Süd keine Webseiten. Wer also ein solches Siegel auf seiner Webseite zeigen möchte, muss den Anbieter für seinen Service entlohnen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber, dass hier eine Bewertung gekauft wurde.

Welche Vorteile haben Gütesiegel dann überhaupt, wenn sie gekauft werden? Und ist ein Shop ohne Siegel automatisch schlechter?

Gütesiegel sind teuer

Heute gibt es verschiedene Anbieter von Gütesiegeln auf dem Markt. Alle bespielen leicht unterschiedliche Zielgruppen. Während ein Anbieter wie Trusted Shop vor allem Online Shops testet, bewertet Proven Expert vor allem alle erdenklichen Dienstleister, von einem Rohrreinigungsdienst bis hin zur Detektei Stuttgart.

Die größten Anbieter von Gütesiegeln sind TÜV Süd, Trusted Shops, das EHI-Siegel und Internet Privacy Standards IPS. Wenn ein E-Commerce Akteur ein Siegel von einem dieser Anbieter haben möchte, dann muss er – im Fall von TÜV Süd – mehrere tausend Euro pro Jahr bezahlen. Diese stolzen Summen kann sich natürlich nicht jeder Shop leisten. Das verzerrt tatsächlich den Wettbewerb. Denn die Kosten für die Siegel bedeuten, dass vor allem junge Unternehmen mit innovativen Ideen sich diese Auszeichnung nicht leisten können.

Sind Shops ohne Siegel schlechter?

Dabei gehen unabhängige Produkt- und Shop-Tester von der Verbraucherzentrale oder dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk davon aus, dass Shops ohne solche Gütesiegel nicht automatisch schlechter sind. In einem Vergleich von mehreren verschiedenen Shops konnte keine klare, entsprechende Tendenz festgestellt werden.

So wird die Frage aufgeworfen, was die Siegel tatsächlich leisten können. Sie wiegen die Kunden, die noch keine Erfahrungen mit dem jeweiligen Online Shop gemacht haben, natürlich in Sicherheit und gaukeln eine ausgewogene, unabhängige Bewertung des Shops vor. Tatsächlich sind die Siegel nicht aussagekräftiger als ein ausgewogenes Bewertungsprofil.

Kundenbewertungen sind günstiger und aussagekräftiger

Es ist kein Geheimnis, dass Kundenbewertungen nicht umsonst sind. Viele Bewertungen zu erhalten bedeutet Arbeit – die Kunden müssen natürlich dazu gebracht werden, eine Bewertung über ihre Kauferfahrung abzugeben und auf negative Rezensionen muss rasch und transparent reagiert werden.

Aber im Gegensatz zu manchem Siegel bedeuten Kundenbewertungen keine hohen, wiederkehrenden Kosten. Denn richtiggehend gekaufte Kundenbewertungen fallen auf und werden auch schon von Suchmaschinen erkannt. Auch Kunden erlernen eine immer größere Medienkompetenz, sodass sie zwischen authentischen und gekauften Bewertungen entscheiden können. Deswegen sinkt die Conversion Rate auch nachweislich, wenn zu viele positive Bewertungen abgegeben worden sind.

Aber die Arbeit für positive Kundenbewertungen und ein schneller und transparenter Umgang mit negativen Bewertungen lohnt sich. Wer ein entsprechendes Plug-In auf seiner Seite installiert, dass die Bewertungen für einen Shop sammelt, der kann mit einer guten durchschnittlichen Bewertung des Shops seine Kunden von der eigenen Vertrauenswürdigkeit überzeugen, ohne teure Siegel kaufen zu müssen.

Gefälschte Siegel

Zusätzlich zu den Problemen durch die hohen Kosten der Siegel, kommt es auch immer wieder vor, dass Shops die Siegel von bekannten Anbietern einfach fälschen. Das erodiert zusätzlich das Vertrauen der Kunden in die Siegel. Auch hier sind Kundenbewertungen hilfreicher: Denn, wenn ein Kunde möchte, kann er die Bewertungen einer Seite prüfen. Diese Transparenz erlaubt es den Kunden nachzuvollziehen, wie die Durchschnittsbewertung zu Stande gekommen ist.

 

Foto: © Artur Szczybylo / 123rf.com