5.1 Konzentration auf eine spezielle Branche
Im weiteren Verlauf werden zunächst der aktuelle Status und das Potenzial für die Umsetzung des Omni-Channel-Retailings in der Food-Branche sowie eventuelle Herausforderungen und mögliche Zielgruppen betrachtet.
5.1.1 Status Quo und Potenzial
5.1.1 Status Quo und Potenzial
Der Einzelhandel in Deutschland ist durch einen hohen Anteil an Lebensmittelverkäufen geprägt. So fließen ca. 48 % der Ausgaben in das Segment der Nahrungsmittel und 51 % des Umsatzes im Einzelhandel kommen durch FMCG zustande. Interessant dabei ist, dass nur 0,5 % dieses Umsatzes im Internet erzielt werden, wobei Kaffee, Tee oder Müsli am häufigsten gekauft werden. Auch Süßwaren, Spezialitäten und Getränke werden zunehmend im Internet gekauft. Hierzu passt auch, dass nur 1/3 der Händler frische Lebensmittel wie Obst und Gemüse online anbieten, haltbare Produkte hingegen sind bei einem Großteil verfügbar. Zu den bekanntesten Anbietern im Lebensmittel-Online-Bereich gehören Amazon (Marktanteil 10,9 %), Edeka (Marktanteil 14,5 %) und REWE (Marktanteil: 13,2 %)278. Neben den Online-Shops von traditionellen Lebensmitteleinzelhändlern, sind auch Feinkost- und Bio-Händler sowie Bäcker und Metzger mit einem Web-Shop aktiv. Insbesondere für diese Nischenhändler kann im Online-Bereich eine echte Chance bestehen, da deren stationärer Anteil abnimmt.
Hinsichtlich der Entwicklung des Online-Anteils von Lebensmitteln prognostizieren unterschiedliche Studien und Veröffentlichungen einen Anstieg des Online-Umsatzes von Lebensmitteln in der Zukunft: Nach einer Untersuchung des Marktforschungsinstitutes Dr. Grieger & Cie lag der Umsatz des Online-Lebensmittelhandels im Jahr 2013/2014 bei 1,08 Mrd. € und soll im Zeitraum 2014/2015 auf 1,56 Mrd. € steigen, was einem Wachstum von 44,4 % entspricht. So kündigt die GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) an, dass der Handelsanteil von Lebensmitteln im Online-Bereich in den nächsten Jahren auf 16 % steigen könnte. Dafür spricht auch, dass sich nach einer Um-frage von KPMG 60 % der Befragten vorstellen können Lebensmittel online zu kaufen. Weiterhin wird auf der Seite der Konsumenten auch an eine positive Entwicklung des Lebensmittelangebotes im Internet geglaubt – bspw. im Hinblick auf die Preisentwicklung und Qualität der Produkte. Im Zuge dieser Entwicklung wurde laut dem Online Monitor 2015 vom HDE festgestellt, dass Produkte, die ursprünglich eher offline gekauft wurden, zunehmend auch im Internet gekauft werden (z. B. Autozubehör und Gartengeräte). Im Gegenzug ist abzusehen, dass die Umsätze im Online-Bereich bei Büchern oder Unterhaltungselektronik in Zukunft nicht mehr so stark wachsen werden.
Das Potenzial für den Lebensmittelkauf im Internet zeigt sich auch darin, dass im Internet in den letzten Jahren vermehrt nach Lebensmitteln recherchiert wird. Nach einer Studie von A. T. Kearney sind die Suchanfragen von Google von 2009 bis 2011 in diesem Bereich um 30 % gestiegen.
Weiterhin bietet der Online-Lebensmittelhandel für Konsumenten viele Vorteile: Als größter Mehrwert wird die Unabhängigkeit von Öffnungszeiten, die Lieferung der bestellten Waren und eine damit verbundene Flexibilität beim Einkaufen gesehen.
Auf der Seite der Unternehmen kann dem Konsumenten mit einer zusätzlichen Online-Präsenz ein größeres Angebot präsentiert werden und der potenzielle Kunde kann über unterschiedliche Kanäle angesprochen werden.
5.1.2 Mögliche Herausforderungen
5.1.2 Mögliche Herausforderungen
Die Einführung des Omni-Channel-Retailings im Lebensmittelbereich ist vor allem mit der Etablierung des Lebensmittel-Online-Kaufs verbunden, was unterschiedliche Herausforderungen mit sich bringt. Zum einen besteht in Deutschland ein sehr dichtes Filialnetz an Lebensmittelmärkten, sodass sich das nächste Geschäft meist in unmittelbarer Nähe befindet. Nach dem HDE existieren in Deutschland 6.200 Verbrauchermärkte, 15.500 Discounter und 13.000 Supermärkte, sodass es wahrscheinlich ist, dass der stationäre Einkauf in vielen Fällen noch bevorzugt wird.
Die Produktqualität ist den Konsumenten beim Lebensmittelkauf sehr wichtig. Insbesondere bei frischen Produkten möchten sie den Zustand gern im Vorfeld des Kaufs kontrollieren, was bei einer Online-Bestellung mit anschließender Lieferung nicht möglich ist.
Ferner kommt hinzu, dass die bestellten Produkte nach dem Kauf von Konsumenten sofort genutzt werden wollen, sodass eine Lieferung möglichst noch am selben Tag erfolgen sollte. Nach einer Studie des Marktforschungsinstitutes Dr. Grieger & Cie. vergehen jedoch zwischen Bestellung und Lieferung in den meisten Fällen noch 1-3 Tage.
Auch in Bezug auf die Produktart müssen bei der Lieferung unterschiedliche Dinge beachtet werden. So müssen bspw. Obst und Gemüse sorgfältiger verpackt werden als Trockenprodukte. An dieser Stelle spielt auch die Einhaltung der Kühlkette bei Tiefkühlprodukten eine wichtige Rolle. Neben der starken Bedeutung der Produktqualität, sind Konsumenten beim Lebensmittelkauf auch sehr stark preisorientiert und möchten möglichst wenig Geld ausgeben. Zusammen mit dem Anfallen von Lieferkosten und häufig auch einem zusätzlichen Frische-Aufschlag wird es Händlern zunehmend erschwert, Konsumenten vom Lebensmittel-Online-Einkauf im Rahmen des Omni-Channel-Retailings zu überzeugen. So geben im Rahmen einer Studie von Ernst & Young 67 % der Befragten an, dass die Online-Bestellung von Lebensmitteln mit zu hohen Kosten verbunden sei.
5.1.3 Mögliche Zielgruppen und Erwartungen
5.1.3 Mögliche Zielgruppen und Erwartungen
Das Omni-Channel-Retailing im Lebensmittelbereich ist besonders für bestimmte Zielgruppen interessant, da die gegebenen flexiblen Einkaufsmöglichkeiten sich sehr gut in den Alltag integrieren lassen. So könnten insbesondere Familien mit zwei berufstätigen Elternteilen und beruflich stark eingespannte Personen aufgrund der zeitlichen Eingebundenheit Vorteile in diesem Handelssystem sehen. Nach einer Studie von Ernst & Young ist diese Zielgruppe affin für den Online-Einkauf von Lebensmitteln und die anschließende Auslieferung, da sie durch die größere Personenzahl durchschnittlich größere Mengen einkauft und sich die Lieferung in Bezug auf die Kosten entsprechend rentiert. Eine Befragung des Marktforschungsinstituts Dr. Grieger & Cie. hat zudem ergeben, dass Online-Besteller von Lebensmitteln im Gegensatz zu Nicht-Bestellern eine tendenziell eine längere Arbeitszeit und weniger Freizeit haben.
Als weitere Zielgruppe sind auch die Senioren in Betracht zu ziehen, da diese aufgrund der möglichen körperlichen Einschränkung beim Lebensmitteleinkauf eher die Lieferung als den Besuch des Geschäfts in Kauf nehmen könnten.
Hinsichtlich der Erwartungen der Konsumenten werden innerhalb des Omni-Channel-Retailings besonders die Lieferung der bestellten Waren nach Hause und eine damit verbundene Zeitersparnis favorisiert. Aufgrund der Zweifel bzgl. der Produktqualität und Frische der Lebensmittel, wären auch versandkostenfreie Probebestellungen oder die Option der vorherigen Qualitätskontrolle für Konsumenten interessant. Um die Verbraucher an den Omni-Channel-Gebrauch im Lebensmitteleinzelhandel heranzuführen, sind benutzerfreundliche Online-Shops und Apps, sowie ein großes Produktsortiment und kurze Lieferzeiten eine wichtige Voraussetzung.