5.4 Verfügbarkeit und Sammlung von Daten

Die Verfügbarkeit und die Sammlung von Daten im Rahmen des Omni-Channel-Retailings ist ein weiteres wichtiges Kriterium um dieses Handelskonzept umzusetzen. Hierzu ist es zunächst wichtig, dass die Konsumenten beim Einkauf ihre Daten in jedem Kanal zur Verfügung stellen, damit diese auf einer zentralen Plattform erfasst und im nächsten Schritt ausgewertet werden können. Nur wenn die Daten der Kunden in jedem Absatz- und Kommunikationskanal zur Verfügung stehen, ist ein problemloser Kanalwechsel während des Einkaufsprozesses möglich. Weiterhin müssen auch die Produktdaten kanalübergreifend abgerufen werden können, sodass nachvollziehbar ist, welches Produkt, wann, wie oft, von wem und in welchem Kanal gekauft wurde.

5.4.1 Ausgangssituation der Händler und Unternehmen

5.4.1 Ausgangssituation der Händler und Unternehmen

Die Ausgangssituation der untersuchten Händler im Hinblick auf das oben genannte Effektivitätskriterium gestaltet sich folgendermaßen: Die Erfassung und Verfügbarkeit von Kundendaten im Online-Kanal erfolgt bei fast allen analysierten Unternehmen über ein Kundenprofil, welches angelegt werden muss, wenn man eine Bestellung in dem jeweiligen Online-Shop vornehmen will. Lediglich 6 der betrachteten Onlineshops arbeiten ohne ein Kundenprofil. Zusammen mit CRM-Systemen können solche Profile dabei helfen den Kunden besser zu verstehen und den Kundenservice dahingehend zu optimieren.
Da die Online-Kundenprofile jedoch nur die Aktivitäten im jeweiligen Onlineshop des Händlers erfassen und die Käufe im stationären Geschäft davon noch isoliert sind, kann das Kaufverhalten noch nicht vollständig abgebildet werden.
Die Datenerfassung auf stationärer Ebene ist im Gegensatz zur Online-Variante weniger etabliert bei den untersuchten Händlern: Nur 10 von 52 betrachteten Unternehmen arbeiten offline mit Programmen die eine Datenerfassung erlauben. Hierbei handelt es sich zum Großteil um Bonusprogramme, über die Konsumenten Prämien oder Vergünstigungen erhalten. Bekannte Konzepte sind Payback und Deutschlandcard, die von Lebensmitteleinzelhändlern verwendet werden. Vereinzelt werden auch unternehmenseigene Clubcards von den Händlern eingesetzt, wie bspw. bei Tesco.
Der Discounter Penny arbeitet als einziger der untersuchten Händler mit der App Shopkick zusammen. Diese ermöglicht es Konsumenten Bonuspunkte zu sammeln, wenn sie ein stationäres Geschäft betreten. Wurde eine gewisse Anzahl an Punkten gesammelt, können diese gegen Gutscheine eingetauscht werden.
Hinsichtlich der mobilen Datenerfassung arbeiten viele Händler über die angebotenen Apps mit Merkzettel-Funktionen, die dem Unternehmen einen Einblick gewähren, was der Konsument sucht und benötigt. Falls über die jeweilige App auch ein Einkauf im Online-Shop möglich ist, können auch hier die jeweiligen Daten über das Online-Konto gesammelt werden.

Eine weitere Möglichkeit über die eine Datenerfassung realisierbar ist, ist die mobile Bezahlung. Dies ist bspw. bei Aldi Nord und Netto möglich.
Die meisten der, in der Analyse betrachteten Händler arbeiten im Zusammenhang mit ihrem Online-Vertrieb auch mit den Internet-Bezahldiensten Paypal und/oder Amazon Payments zusammen. Diese können jedoch nur beim Einkauf im Online-Shop genutzt werden.
Sonstige Daten, die den Einkauf, Verkauf und die Lagerung von Produkten betreffen sind generell in einem Warenwirtschaftssystem erfasst, welches die Güterbewegungen abbildet. Jedoch müssen auch diese Daten auf einer zentralen Plattform zur Verfügung stehen, sodass jeder Kanal darauf zugreifen kann.
Bei der gesamten Betrachtung der Ausgangssituation fällt auf, dass die Erfassung und Verfügbarkeit der Daten im mobilen und Online-Kanal bereits sehr gut funktioniert. Problematisch gestaltet sich dies allerdings auf der stationären Ebene, da die Konsumenten beim klassischen Einkauf im Supermarkt noch unbekannt sind. Ansatzweise wird dem schon mit Bonusprogrammen entgegengewirkt, dennoch besteht hier ein deutliches Optimierungspotenzial. An dieser Stelle können bspw. mobile Endgeräte eingesetzt werden, da der Konsument diese die meiste Zeit bei sich trägt. Damit alle Daten auch in jedem Kanal abgerufen werden können, ist eine Vernetzung der vorhandenen Systeme bzw. ein zentraler Datenspeicher erforderlich.

5.4.2 Möglichkeiten und Grenzen

5.4.2.1 Datensammlung über NFC

5.4.2.1 Datensammlung über NFC

Die Technik NFC (Near Field Communication) ist eine Möglichkeit Daten über mobile Endgeräte oder Kundenkarten zu sammeln und auszutauschen. Die Datenübertragung erfolgt kontaktlos über NFC-Chips, die in technische Geräte, Chipkarten oder Poster eingebaut werden können. Die Methode verfügt über eine recht hohe Datensicherheit, da der Austausch nur über eine kurze Distanz möglich ist. Weiterhin wird die Technologie bereits bei mobilen Bezahlsystemen angewandt. So arbeitet bspw. Apple Pay mit diesem System. Die Nutzung von NFC ist besonders im Zusammenhang mit dem Smartphone vorteilhaft, da dies der Konsument die meiste Zeit bei sich trägt und auch immer häufiger während des Einkaufs benutzt. Sowohl mit Verwendung eines mobilen Bezahlsystems als auch als mobiles Bonusprogramm können durch die NFC-Technologie Daten, die den Einkauf des Konsumenten abbilden gesammelt und erfasst werden. Anstatt einer Kundenkarte kann in diesem Fall das mobile Endgerät als Bonuskarte dienen.
Gegenwärtig wird diese Technologie bereits von Aldi Nord in Zusammenhang mit dem Mobile Payment genutzt.
Hinsichtlich der Umsetzbarkeit kann diese Technologie von jedem Händler bzw. Unternehmen eingesetzt werden. Hierfür müssen entsprechende NFC-Chips implementiert werden, die die Übertragung von Daten erlauben. Für die Sammlung aller Kundendaten muss eine Verknüpfung zum entsprechenden CRM-System vorhanden sein und eine zentrale IT-Plattform zur Verfügung stehen, die den Zugriff von jedem Kanal aus erlaubt. Dies wird in Kapitel 5.4.2.2 näher erläutert. Die Datensammlung kann dann mittels des Smartphones über mobile Bezahlsysteme oder Bonusprogramme erfolgen. Probleme könnten sich jedoch bei der Überzeugung der Konsumenten, diesen Dienst zu nutzen, ergeben: Da es hier um die Sammlung und den Austausch personenbezogener sensibler Daten geht, könnte die Angst vor Datenmissbrauch einige Verbraucher davon abhalten den Service zu nutzen. Außerdem arbeiten bereits sehr viele Händler mit Bonusprogrammen, sodass viele Verbraucher zusätzliche Angebote dieser Art nicht mehr in Anspruch nehmen. Weiterhin kommt durch die Sammlung der Daten vieler Kunden auch eine große Menge an Informationen zusammen, die verarbeitet und ausgewertet werden muss, was einen sehr hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Zudem ist es ggf. notwendig eine entsprechende Umstellung der Software vorzunehmen, sodass zusätzliche Kosten für das jeweilige Unternehmen anfallen.

5.4.2.2 Cloud-Computing-Systeme

5.4.2.2 Cloud-Computing-Systeme

Damit die erfassten Daten auch in jedem Kanal zur Verfügung gestellt werden können, sind Cloud-Computing-Systeme eine gute Möglichkeit. Hierbei handelt es sich um einen Online-Speicher, auf den von überall aus zugegriffen werden kann. Bei einer Verwendung im Rahmen des Omni-Channel-Retailings sind auf diese Weise alle benötigten Daten in jedem Kanal präsent und können in Echtzeit abgerufen und aktualisiert werden. Dies ist besonders beim Betrieb von CRM- und Warenwirtschaftssystemen vorteilhaft. Der IT-Anbieter Salesforce bietet in diesem Bereich bspw. ein Cloud-Computing-System an, über welches alle unternehmensinternen Programme gesteuert werden können.
Hinsichtlich der Umsetzung kann dieses System in jedem Unternehmen eingesetzt werden. Jedoch müssen, mit zunehmender Größe des Unternehmens und Anzahl der stationären Filialen, auch mehr Standorte miteinander vernetzt werden. Somit ist der klassische Lebensmitteleinzelhändler mit vielen stationären Standorten auf eine leistungsstärkere Cloud angewiesen, als ein Händler der stationär nur lokal vertreten ist.
Weiterhin ist es wichtig, dass sich die Produkt- und Kundendaten in der Cloud aufgrund des Zugriffs mehrerer Kanäle regelmäßig und schnell aktualisieren. Somit muss der Online Speicher auch mit der verwendeten Software und den Systemen in den Bereichen CRM und Warenwirtschaft verbunden werden. Dies erfordert häufig die Anschaffung eines neuen Software-Pakets, welches mit hohen Investitionen verbunden ist. Weiterhin ist es wichtig, die Mitarbeiter im Umgang mit der Software entsprechend zu schulen.

5.4.2.3 Datensammlung über eine mobile App

5.4.2.3 Datensammlung über eine mobile App

Die Datensammlung über eine mobile App ist eine weitere Möglichkeit Kundendaten auch im stationären Kanal abzurufen, dies wurde bereits in Kapitel 5.3.2 angedeutet. Über die App Shopkick können Konsumenten bspw. beim Betreten eines stationären Geschäftes oder beim Scannen des Barcodes von Produkten Bonuspunkte sammeln und diese dann gegen Vergünstigungen und Gutscheine tauschen. Die Aktivitäten des Kunden werden dann in einem Benutzerkonto gespeichert, was die Präferenzen des Konsumenten abbildet. Um diesen Dienst zu nutzen müssen Konsumenten sich lediglich die App auf ihr Smartphone laden und ein Profil erstellen. Weiterhin ist auch eine Zustimmung für den Zugriff auf ortsbezogene Dienste notwendig, da die App mit Geofencing arbeitet und auf das GPS Signal des jeweiligen Smartphones zugreift. Auf diese Weise kann nachverfolgt werden, wo sich der Konsument aufhält, was eine Erstellung von Bewegungsprofilen erlaubt. Zusammen mit den Daten, die durch das Scannen von Barcodes zustande kommen, werden die Aktivitäten des Kunden in dem Online-Profil gespeichert.
In der Food-Branche wird diese Technologie in Form der App Shopkick bisher nur von Penny verwendet.

Grundsätzlich ist die Technologie des Geofencing für jeden Händler geeignet, weil der Kunde hierdurch in jeder Situation angesprochen werden kann. Durch die Erfassung des Standorts über das Smartphones wird automatisch erkannt, wann sich der Kunde in der Nähe des stationären Geschäfts befindet.
Hinsichtlich der Umsetzung kann der Händler sich bspw. als Partner mit Shopkick zusammenschließen, sodass der Service für Verbraucher angeboten werden kann.
Jedoch müssen die Konsumenten vom Mehrwert dieses Angebotes überzeugt werden. Insbesondere weil der Service auf die Standortdienste des jeweiligen Smartphones zugreift, könnten bei einigen Konsumenten Zweifel bezüglich der Datensicherheit bestehen. Einer eBay-Studie zufolge, nutzen hingegen 23 % der Verbraucher die Aktivierung der Standort-Dienste ihres Smartphones um Angebote in der Nähe zu erhalten. Ebenfalls nutzen 23 % das mobile Endgerät zum Scannen von Barcodes. Somit kann die Nutzung einer App wie Shopkick durchaus zur Sammlung von Kundendaten im stationären Kanal dienen.
Seitens des Unternehmens, besteht, aufgrund der großen Menge gesammelter Daten, jedoch ein großer Verwaltungsaufwand hinsichtlich der Verarbeitung und Auswertung.