4.1 Motive für die Verschmelzung unterschiedlicher Einkaufskanäle

Die Motive für eine Verschmelzung der verschiedenen Absatzkanäle liegen in erster Linie in der fortschreitenden Digitalisierung: Das Internet ist in der heutigen Zeit zu einem festen Element im Leben der Konsumenten geworden und wird in vielen Situationen genutzt.
Kilian und Langner heben in ihrem Buch die Funktionen des Internets als Informations- und Kommunikationskanal sowie als Einkaufsstätte hervor. In diesem Zusammenhang gibt das Internet dem Verbraucher die Möglichkeit sich zu jeder Zeit und an jedem Ort über bestimmte Dinge zu informieren und Produkte zu erwerben. Dieses Verhalten wurde insbesondere durch die Entwicklung des mobilen Internets und der Smartphones vorangetrieben und beschleunigt. Der Konsument hat auf diese Weise die Möglichkeit während des Geschäftsbesuches z. B. Bewertungen zu lesen und abzugeben sowie Preise zu vergleichen.

Die gegebene Transparenz macht es möglich, unterschiedliche Händler, in Bezug auf Preise und Leistungen, miteinander zu vergleichen und das optimale Angebot auszuwählen. Die Einkaufsoption über das Internet hält weiterhin eine große Produktauswahl und das Angebot von Nischenprodukten bereit, die häufig im stationären Handel nicht verfügbar sind. Das Internet beschert dem Verbraucher also eine Menge an Vorteilen, die es ihm ermöglichen den Einkaufsprozess flexibel und weitgehend eigenständig zu gestalten. Schröder hebt schon 2005 hervor, dass auch der Convenience-Gedanke eine Rolle spielt, denn Kunden haben in vielen Fällen das Bedürfnis, ihren Einkauf möglichst ohne großen Aufwand und Kosten durchzuführen. Der stationäre Handel, der durch die persönliche Verkaufsberatung und die physische Anwesenheit der Produkte ein reales Einkaufserlebnis verspricht, wird von den Verbrauchern weiterhin ebenso geschätzt. Durch die jeweils genannten Vorteile werden beide Absatzkanäle, im Sinne des veränderten Kaufentscheidungsprozesses, zunehmend miteinander kombiniert. Je nach gegenwärtiger Situation und Bedürfnissen nutzen die Konsumenten die unterschiedlichen Absatzkanäle parallel und schätzen bspw. die Lieferung im Online-Handel und das haptische Erlebnis im Ladengeschäft. So haben 33% der Konsumenten in Deutschland und Großbritannien, nach einer eBay Befragung, bereits die Option Omni-Channel genutzt.

Auf ein Fortschreiten dieser Entwicklung deutet ebenfalls die Studie „Zukunft des Handels“ hin, in der 86 % der Befragten angeben, dass es wichtiger wird, Produkte und Dienstleistungen über mehrere Kanäle anzubieten. Dies bestätigt auch die Studie „Der Kunde der Zukunft – Einkaufen heute und morgen“ von KPMG und REWE, wo die These aufgestellt wird, dass mit der weiteren Entwicklung in Richtung Omni-Channel, auch die Verbreitung und Nutzung integrierter Handelskonzepte steigen wird. Bruce behauptet, dass die gestiegene Anzahl der Möglichkeiten auch die Ansprüche der Kunden hinsichtlich der Verfügbarkeit der Waren, der Transparenz der Informationen und Preise sowie des Einkaufserlebnisses steigen lässt. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, sind die Unternehmen gezwungen sich dem veränderten Kaufentscheidungsprozess anzupassen und in allen Kanälen präsent zu sein. Diese Reaktion der Unternehmen auf die Verschmelzung der unterschiedlichen Einkaufskanäle ermöglicht neue Chancen im Wettbewerb. So kann bspw. durch die Omnipräsenz ein größerer Kundenkreis erschlossen und die Bekanntheit des Unternehmens erhöht werden. Ferner ist es möglich durch die Maximierung der Customer Touchpoints eine stärkere Kundenbindung zu erreichen.

Kapalschinski hebt in seinem Artikel für das Handelsblatt hervor, dass die Verschmelzung der Absatzkanäle auch mit einer Veränderung der Funktionen des Online- und Offline-Kanals verbunden ist. Dabei betont er, dass schnelle und routinierte Einkäufe zukünftig vorwiegend im Internet vorgenommen werden und die Ladengeschäfte die Rolle eines Erlebnisortes erfüllen.