3.1 Informationsbeschaffung als Orientierungshilfe für Konsumenten

Die Informationsbeschaffung erfüllt im heutigen Konsumverhalten der Verbraucher einen wichtigen Zweck und steht am Anfang des neuen Kaufentscheidungsprozesses: Durch die Produkt- und Angebotsvielfalt in den verschiedenen Absatzkanälen und dem zusätzlichen ununterbrochenen Kontakt mit Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen benötigt der Konsument eine Orientierungshilfe. Unter Einbezug unterschiedlicher Informationsquellen können favorisierte Leistungen miteinander verglichen und das Wissen über diese vergrößert werden, sodass die Kaufentscheidung leichter fällt. Grabs und Sudhoff merken an, dass das Internet, aufgrund des hohen Informationsgehalts, besonders häufig zur Produktrecherche herangezogen wird.

Die favorisierten Quellen sind hier Suchmaschinen, Preisvergleichsportale, Shops wie Amazon oder eBay, Testberichte, Bewertungsportale und soziale Netzwerke. Die Abbildung  veranschaulicht, dass insbesondere Suchmaschinen und Preisportale nach einer Befragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit 82 % und 55,3 % eine sehr hohe Bedeutung bei den Konsumenten haben und häufig miteinander kombiniert werden. Hier werden sogar Händler-Websites wie Amazon in 55,8 % der Fälle als Recherchequelle genutzt. Mittels dieser Instrumente kann sich der Konsument einen Überblick über das Angebot verschaffen und die jeweiligen Preise vergleichen. Bei der Betrachtung dieser vorrangig genutzten Informationsquellen fällt auf, dass die Mehrheit auch eine Bewertungsfunktion anbietet. So können auf Google, eBay, Amazon, auf Preisportalen und in sozialen Netzwerken wie Facebook auch Bewertungen abgegeben werden.

Da insbesondere auch Transparenz und Glaubwürdigkeit der Informationen für Verbraucher wichtig sind, werden auch Testberichte bspw. von Stiftung Warentest in vielen Fällen als Informationsquellen herangezogen. Empfehlungen in sozialen Netzwerken oder Internet-Bewertungsportale als Hinweisgeber werden in Kapitel 3.2 näher ausgeführt. Auch der stationäre Handel kann, nach Grabs und Sudhoff, als Informationskanal dienen, indem sich der Konsument von Verkäufern beraten lässt oder Produkte selbst testet.
Den Zugang zu Informationen, im Rahmen der Kaufvorbereitung verschaffen sich die Verbraucher, nach Heinemann, nicht mehr nur über den stationären Computer, sondern vielmehr über mobile Endgeräte. Ähnliches bestätigt auch die eBay-Studie „Zukunft des Handels“: Demnach ist es für 60 % der Befragten wichtig, sich mit dem Smartphone über Angebote informieren zu können. Der große Vorteil dabei ist, dass die Konsumenten an jedem Ort und zu jeder Zeit Zugriff auf notwendige Informationen haben.

Hier schließen sich die Ausführungen von Schröder an, der herausstellt, dass die Produktrecherche sowohl vor als auch nach dem Kauf stattfindet: Im Vorfeld verschaffen sie dem Konsumenten Orientierung und danach bestätigen sie ihre Entscheidung – bspw. durch den Austausch mit anderen Kunden. Weiterhin spielt sich der Informationsprozess im Rahmen der Kaufentscheidung auf unterschiedlichen Kanälen ab, so informiert sich der Verbraucher z. B. online, ehe er die Leistung im Ladengeschäft erwirbt (ROPO-Effekt) oder umgekehrt (Showrooming-Effekt). Das Showrooming wird in vielen Quellen als große Gefahr für den stationären Einzelhandel angesehen. Dagegen spricht jedoch eine Studie der Roland Berger Strategy Consultants, die ergeben hat, dass durch dieses Verhalten ein jährlicher Umsatz von 6 Mrd. Euro entsteht, das umgekehrte Verhalten hingegen ergibt einen Umsatz von 68 Mrd. Euro und spricht für die Wichtigkeit des stationären Ladengeschäfts. Weiterhin zeigt die Studie, dass die Informationsbeschaffung in den meisten Fällen im letztendlich gewählten Einkaufskanal stattfindet. In diesem Zusammenhang wird angenommen, dass der als vertrauenswürdig eingestufte Informationskanal auch als Einkaufskanal favorisiert wird.

Hinsichtlich der Informationsbeschaffung als Orientierungshilfe vor einem Kauf ist anzumerken, dass Kaufentscheidungen nicht ausnahmslos durch eine vorherige Informationsphase begleitet werden. Das Ausmaß der Informationssammlung wird maßgeblich durch den Kaufentscheidungstyp beeinflusst: Bei einer extensiven Kaufentscheidung, die durch ein hohes finanzielles Risiko geprägt ist und besonders beim Kauf beständiger Produkte auftritt, findet tendenziell eine längere Informationsphase und ein umfangreicherer Entscheidungsprozess statt. Die limitierte und habitualisierte Entscheidung hingegen umfassen tendenziell kürzere und weniger umfangreiche Informationsphasen, da die Wahl der Produkte hinsichtlich Zeit und Auswahl beschränkt ist oder der Konsument auf bekannte Waren zurückgreift. Die impulsive Kaufentscheidung läuft gänzlich ohne Information ab, da sie sehr stark emotionsgetrieben ist und ohne jegliche Planung verläuft. Diese Erkenntnisse werden auch durch eine Studie aus dem Jahr 2011 von der Unternehmensberatung KPMG bestärkt: Bekannte Produkte, wie bspw. Lebensmittel werden in Bezug auf den Preis weniger recherchiert als investitionsintensivere Leistungen.

Gegen die Informationsbeschaffung als Entscheidungshilfe sprechen die Ausführungen von Anne Grabs und Jan Sudhoff aus dem Jahr 2014, die besagen, dass Entscheidungen allgemein in 95 % der Fälle im Unterbewusstsein getroffen werden. Bei der Auswahl eines neuen Produkts handeln Menschen somit häufig emotional gesteuert – dies gilt insbesondere, wenn sie einer großen Werbeflut ausgesetzt sind. Dafür sprechen auch die Studienergebnisse der Roland Berger Strategy Consultants: Demnach sind der emotionale Reiz und die Verkaufsberatung bedeutsamer als die rationale Information.

Eine Studie von BITKOM hebt hervor, dass die Informationsbeschaffung neben der Orientierungsfunktion auch zu einer höheren Markttransparenz beiträgt. Die Möglichkeit des Vergleichs verschiedener Produkt- und Dienstleistungsangebote unterschiedlicher Anbieter verschafft den Konsumenten die Option das beste, für sie passende, Produkt auszuwählen, um eine maximale Bedürfnisbefriedigung zu erreichen. Durch diese Tatsache nimmt der Kunde zunehmend eine Machtposition gegenüber Unternehmen und Händlern ein, da er nicht mehr zwingend an einen Anbieter gebunden ist.
In diesem Kontext hebt KPMG in Zusammenarbeit mit REWE Group in der Studie „Der Kunde der Zukunft“ hervor, dass es wichtig sei, den Verbraucher bereits während der Recherchephase zu begleiten und Informationen bereitzustellen, um ihn im Verlauf des Kaufentscheidungsprozesses nicht an die Konkurrenz zu verlieren. Bauer et al. merkt hierbei jedoch an, dass im Falle von ungenauen Informationen, die Authentizität und die Expertise des Betriebes in Mitleidenschaft gezogen werden können. Somit würde dies eher zu einer Verwirrung anstatt zur Orientierung beitragen.