4.4 Exkurs: Mobile Commerce

Mobile Commerce nimmt einen immer größeren Stellenwert im Kontext der Verschmelzung der unterschiedlichen Absatzkanäle ein. Mit der Entwicklung des mobilen Internets wird es Konsumenten ermöglicht zu jeder Zeit und von jedem Ort aus Produkte und Dienstleistungen zu erwerben und sich im Vorfeld des Kaufs zu informieren. Momentan besitzen im Durchschnitt 65% der Bevölkerung in Deutschland ein Smartphone und nutzen es ca. 40-mal am Tag. Während mobile Endgeräte überwiegend zum Telefonieren, zur Kommunikation in sozialen Netzwerken sowie für verschiedene Apps und Programme gebraucht werden, verwenden Konsumenten es auch zum Vergleichen von Preisen und zum Fotografieren von Produkten im Rahmen der Kaufvorbereitung. Die mobile Handhabung des Smartphones oder Tablets, bei der die einzige Nutzungsvoraussetzung der Internetzugang ist, verleiht dem Verbraucher ein hohes Maß an Flexibilität und kann auch als einer der Hauptgründe angesehen werden, warum diese Geräte immer häufiger vor und während des Einkaufs genutzt werden.
Vor dem Hintergrund des Omni-Channel-Retailings wird durch Mobile Commerce eine parallele Nutzung der unterschiedlichen Einkaufskanäle erst ermöglicht. So kann der Konsument bspw. während des Besuchs eines stationären Geschäfts gleichzeitig mit seinem Smartphone vergleichbare Produkte ansehen, Preise miteinander vergleichen, letztendlich einkaufen und sogar bezahlen.

Die zunehmende Bedeutung des mobilen Einkaufs bestätigen auch aktuelle Zahlen: Studien zufolge kaufen Konsumenten in Deutschland in 17 % der Fälle mit mobilen Endgeräten ein, was 2014 einem Umsatz von 7,2 Mrd. € entsprach. Für das Jahr 2015 wird ein Anstieg auf 14,6 Mrd. € prognostiziert, was einem Wachstum von über 100 % entspricht. In Bezug auf die weitere Entwicklung soll das mobile Internetgeschäft im Jahr 2020 über 30 % des gesamten Online-Umsatzes einnehmen. Ein Grund für dieses schnelle Wachstum kann vor allem die Generation der sog. Smart Natives sein, die mit dem mobilen Internet aufgewachsen und bis dahin geschäftsfähig ist.
Mobile Commerce bietet auch für Unternehmen und Händler insbesondere im stationären Bereich große Nutzungspotenziale: Der Konsument ist sehr gut erreichbar, da er sein Smartphone die meiste Zeit bei sich trägt. Insofern kann zu jeder Zeit und an jedem Ort eine Kundenansprache stattfinden.

Durch Geofencing können z. B. Verbraucher bezüglich Sonderangeboten angesprochen werden, die sich im direkten Umfeld des Geschäfts befinden. Voraussetzung hierfür ist, dass Konsumenten im Vorfeld die Erlaubnis dazu gegeben haben. Weiterhin wird es durch Technologien wie Augmented Reality ermöglicht, virtuelle Geschäfte zu erzeugen, in denen Verbraucher mit Ihren Smartphones einkaufen können. Auch QR-Codes eignen sich für Unternehmen sehr gut um potenzielle Kunden unterwegs zu erreichen. Die Supermarkt-Kette Tesco Homeplus hat in Südkorea sog. „Virtual Subway Stores“ eröffnet, wo Konsumenten durch das Scannen der QR-Codes auf Plakaten Lebensmittel kaufen konnten. Mithilfe einer App wurden die gescannten Produkte in einem Warenkorb gesammelt und die Bestellung wurde innerhalb von 24 Stunden nach Hause geliefert.
Um das mobile Online-Shopping möglichst einfach für den Verbraucher zu gestalten, ist es wichtig, dass die Website/der Online-Shop auch auf dem mobilen Endgerät gut darstellbar ist. Zusammen mit großen Displays und schnellen Ladezeiten verbessert dies die Benutzerfreundlichkeit und regt die Konsumenten zur Nutzung des Services an.

Hinsichtlich der Grenzen des Mobile Commerce innerhalb des Omni-Channel-Retailings ist es auf der Händlerseite möglich, dass einzelne Anbieter bewusst nur einzelne Kanäle nutzen um die Exklusivität ihres Angebotes hervorzuheben. Auch auf der Seite der Verbraucher ist es vorstellbar, dass durch die Komplexität der unterschiedlichen Absatzkanäle Verwirrung gestiftet wird und die Konsumenten nur ausgewählte Kanäle nutzen. Bei der Nutzung von Mobile Commerce-Angeboten ist auch Datenschutz ein wichtiges Thema: Insbesondere, weil auf dem Smartphone häufig sensible und persönliche Daten des Nutzers gespeichert sind, besteht eine Unsicherheit, dass diese über neue Technologien in falsche Hände geraten. Die Bedrohung der Privatsphäre der Smartphone- und Tabletnutzer könnte auch durch die Ortungsmöglichkeit der verwendeten Geräte bedroht sein, da über Smartphones Bewegungsprofile der Verbraucher erstellt werden können.

Besonders die Option des Mobile Payments wird von vielen Konsumenten noch skeptisch gesehen, da viele persönliche Daten preisgegeben werden müssen und die Zahlungsanwendungen auch zur Erfassung des Einkaufsverhaltens genutzt werden.